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Warm Breath

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Warm Breath

Des Menschen warmer Atem

Schwindende Gletscher am Beispiel des 
Nördlichen Schneeferner auf der Zugspitze

Eine künstlerische Dokumentation
von Angelika J. Trojnarski
September 2022

Im Rahmen von NEUSTART KULTUR gefördert durch
° BBK Bundesverband Berlin 
° Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

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Alles Handeln des modernen Menschen 'atmet' Entropie. Angereichert mit Wärme und CO2 entweicht unser Atem in die Atmosphäre und extremisiert Temperatur, Wetter und Klima.

Polkappen, Gletscher und Schneefelder sind dabei verlässliche Thermometer, an denen sich die Erderwärmung ablesen lässt. Je schneller das Eis schrumpft, desto fiebriger unser Planet.

Die Alpengletscher schwinden im Rekordtempo. Allein in den letzten Jahrzehnten schmolzen 500 von ihnen vollständig ab, sodass zur Jahrhundertwende fast alle verschwunden sind. 
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Ein Gletscher ist für mich eine Ikone unberührter Natur. Sein naturwidriges rasches Schwinden verdeutlicht exemplarisch die enormen Kräfte, die wir Menschen durch unser ungebremstes Eingreifen in natürliche Prozesse auslösen.

Die irreversible Schmelze des Ewigen Eises berührt mich und erzeugt intensive Wehmut, die zu vielen künstlerischen Arbeiten und dieser Website führt.

Das Ewige Eis, das mit seiner Anmut und seiner Magie so viele Generationen in den Bann zog und überdauerte, findet in meiner Generation sein jähes Ende.


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Deshalb ist dieses Projekt ein Zeitdokument und eine Zeitkapsel, um den Nördlichen Schneeferner im Sommer 2022 festzuhalten. Seine eindrucksvolle Schönheit, urtümliche Kraft und Fragilität soll den Menschen fern der Alpen, Gletscher oder Polkappen nahgebracht werden.

Dem 3D-Scan gelingt diese Herausforderung noch plastischer und körperlicher als zweidimensionale Bilder und Videos zu transportieren vermögen. Eine fast meditative Visualisierung.
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Dr. Till Rehm von der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus, Zugspitze

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Zum Zeitpunkt unserer Projektreise zum Nördlichen Schneeferner Anfang September 2022 zählte Deutschland fünf Gletscher, Blaueis- und der Watzmanngletscher in den Berchtesgadener Alpen und drei auf der Zugspitze: Südlicher Schneeferner, Nördlicher Schneeferner und Höllentalferner.

Am 26. September 2022, nach dem heißen Sommer, verlor der Südliche Schneeferner ob seiner Rekordschmelze den offiziellen Gletscher-Status. Von seiner ursprünglichen Größe bleiben lediglich zwei Prozent Toteis.

Auch der Nördliche Schneeferner besteht mittlerweile allein aus Toteis. Expert*innen rechnen nach dem diesjährig erneut deutlichen Rückzug, dass er in 15 Jahren komplett abgeschmolzen sein wird. Nur der Höllentalferner auf der schattigen Zugspitz-Nordwand könnte länger  überdauern.
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Für die verbleibenden vier deutschen Gletscher gibt es keine Hoffnung. Alle aktuellen und zukünftigen Rettungsversuche, 
-unternehmungen und -aktionen kommen hier zu spät.

Die Eismassen reagieren stark verzögert auf klimatische Veränderungen und selbst wenn wir ab morgen klimaneutral leben, könnte ihr Verschwinden nicht mehr aufgehalten werden. Dafür haben die Gletscher inzwischen zu viel Masse und Fläche verloren, um eine Regenerationsphase zu erreichen.
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Durch den großen Verlust an Masse und Volumen, kann Schmelzwasser leichter und relativ tiefer eindringen und erzeugt einen deutlich größeren Effekt als in ehemals dickeren Eisschichten.

Das Schmelzwasser innerhalb des Gletschers erzeugt Druck in den Hohlräumen und damit eine Art 'Sprengkraft'. Ein weiterer sich selbst verstärkender Prozess, der das Ende der Gletscher zusätzlich beschleunigt.
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Ein sich auftürmender Eisbrocken,
der im Geröllfeld abschmilzt 

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Dr. Till Rehm im Interview

Verschmutzung durch Ruß der Industrialisierung und Biomasse?

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Dr. Till Rehm im Interview

zu den Gründen der beschleunigten Schmelze

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Von der ursprünglich mächtigen, sich zwischen Gebirgsfelsen wälzenden Eiszunge des Schneeferner ist nicht viel geblieben. Sie endet heute in einer trostlosen Geröllwüste. 

Hier schmolz in den letzten 20 Jahren das Eis schneller als in den 100 Jahren davor. Hier nahm seit 1900 die örtliche durchschnittliche Temperatur um 2 Grad zu, was eine weitaus höhere Erwärmung als die durchschnittliche globale bedeutet. Hier gibt es kaum noch unterdurchschnittliche Temperaturen – im Gegenteil – alle gemessenen Höchstwerte liegen innerhalb der letzten 10 Jahre. Hier lassen die hohen Sommertemperaturen die dünne schützende Schneeschicht inzwischen innerhalb eines Sommermonats schmelzen, sodass die Sonneneinstrahlung dann nicht mehr reflektiert wird, sondern ungehindert ins Eis dringt. 

Vom Nördlichen Schneeferner fließen im Sommer pro Minute etwa 500 Liter Schmelzwasser ab.
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Dr. Till Rehm im Interview

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Ein kleiner Bruchteil des Nördlichen Schneeferner wird aus kommerziellen Gründen mit weissen LKW-Planen verhüllt. 
Wie ein Pflaster deckt die Folie eine rechteckige Fläche ab und schützt so einen sehr kleinen Teil des Schnees vor der Sonne. 
So wird er später für das winterliche Iglu-Dorf der Touristen bzw. die Rodelbahn zweckentfremdet.

Dieses surreal Künstliche am Rande des Gletschers ist zugleich Fremdobjekt zur schroffen wilden natürlichen Oberfläche des angrenzenden Felsmassivs und Geröllfeldes.
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Derartig den gesamten Nördlichen Schneeferner im Sommer abzudecken, ist zu aufwändig, zu kostenintensiv und zudem ökologisch fraglich. Schon jetzt finden sich Kunststoff-Fragmente dieser menschlichen Hülle im Gelände um den Quader verteilt.

Bereits 1993 bis 2012 wurden für den Skibetrieb relevante, großflächige Gletscherzonen abgedeckt. Da diese Vorgehensweise selbst über 20 Jahre nicht den gewünschten Effekt hatte, wurde diese anschließend eingestellt.

Zudem ist wie beschrieben die Schmelze auf lange Sicht nicht aufhaltbar und man muss sich die fast schon philosophische Frage des Dr. Rehm stellen, ob ein Toteisfeld wie der Nördliche Schneeferner ohne wirklichen Nutzen für die natürliche Umgebung künstlich am Leben gehalten werden sollte.
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Dr. Till Rehm im Interview

Sinn, das Toteis am Leben zu erhalten?

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Unsere Gletscher sind Zwerge im internationalen Vergleich. Schmelzen diese, verliert Deutschland zwar eine Attraktion, darüber hinaus sind weitreichende Folgen nicht zu erwarten. 

Verschwinden allerdings die großen Gletscher in Island, Kanada, Patagonien, den Anden oder dem Himalaya, hat das weitaus schwerwiegendere Konsequenzen für uns alle. 

Von Gletschern gespeiste Flüsse sind wichtige Süßwasserquellen für Mensch, Pflanze und Tier. Führen sie im Sommer weniger Wasser oder versiegen ganz, beginnt die Wasserknappheit, die Klima, Boden und damit Biodiversität verändert. Verschwinden Gletscher, verschwinden Arten und Leben.

Wo einst Eis die Sonne reflektierte, heizt heute dunklerer Fels die Erdtemperatur im Rückkopplungseffekt umso stärker auf. 


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Die deutschen Gletscher verschwinden, sie sind nicht mehr zu retten. Das ist unausweichlich.

Für unsere Gletscher kommen wir zu spät. Nicht unausweichlich dagegen ist das Schicksal der Naturlandschaften unserer Erde. Beispielsweise Regenwälder, Ozeane, Diversität von Flora und Fauna … die Äcker in der Region, die Luft in unserer Stadt, die Parks und Bäume in unserer Straße. Sie können wir retten.

Wir müssen von unseren Politikern und der Wirtschaft ökologisch-nachhaltige Lösungen fordern. Wir müssen laut sein und klimapositive Veränderung einfordern. Unsere Böden, Flüsse und Lüfte entgiften. Schutzgebiete vergrößern, neue kreieren, ihre Einhaltung garantieren. Den schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien bei Auto und Flugzeug, Heizung und Strom forcieren. Uns schnellstmöglich von der Massentierhaltung trennen.

Die Schönheit und Verletzlichkeit unserer Gletscher sollte uns ein dringender Appell sein, auf individueller, politischer, wirtschaftlicher Ebene zu handeln.
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Die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus ist seit 1999 auf 2650 m ü NN auf der Zugspitze die höchstgelegenste Umweltforschungsstation Deutschlands.

Wissenschaftler renommierter Forschungseinrichtungen betreiben hier ihre Messinstrumente und Studien zur Höhen- und Klimaforschung. Die Station ist zudem ein Observatorium und ein Kommunikations- und Tagungszentrum für Lehre, Bildung und Nachhaltigkeitsstrategien.

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Dieses Projekt wurde
von Angelika J. Trojnarski entwickelt und umgesetzt,
von Laura Dresch assistiert und durch
die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus ideell unterstützt, insbesondere Dr. Till Rehm.

Ich bedanke mich bei allen Beteiligten.
September 2022


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Um zum Gipfel der Zugspitze zu gelangen, entschieden wir uns statt einer 10-minütigen Seilbahn-Fahrt für einen Slow Travel und wanderten zwei Tage von Garmisch-Partenkirchen über das Reintal zum Nördlichen Schneeferner. Neben dem territorialen Ziel, hatten wir auch das Ziel, intensiv in der Natur zu sein.

Wie gewünscht, so geliefert. Der viele Regen und Schnee strengten neben den ordentlichen Höhenmetern zwar an, das wahnsinnige Bergpanorama und das Gefühl, die Zugspitze aus eigener Kraft erreicht zu haben, waren unbezahlbar.
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Die Zugspitze mit dem Gipfelkreuz
auf 2962 m Höhe.
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